Negative Schlagzeilen dominieren unsere Medienlandschaft. Dauerhafte Krisen- und Konfliktberichte erzeugen ein anhaltendes Gefühl von Bedrohung und Unsicherheit und führen zu chronischem psychischem Stress.

Negative Nachrichten erzeugen chronische Unsicherheit

Schon mal beim letzten Kaffee eine Schlagzeile über Projekte gelesen, die Ost- und Westdeutschland verbinden? Oder eine Meldung, dass das Übermalen von Hakenkreuzen nicht strafbar ist? Nein? Ich ebenfalls nicht. Zumindest nicht auf der Titelseite.

Nachrichten sind überwiegend negativ. Das hat auch eine aktuellen Übersichtsstudie des National Institute of Mental Health festgestellt. Der Fokus der Forschergruppe um Kesner et al. (2025) lag dabei auf den Konsequenzen, die daraus folgen: Berichte über weltweite Krisen wie Kriege, Pandemien oder politische Instabilität führen zu einem ständigen Gefühl der Bedrohung. Und dieses Bedrohungsgefühl erzeugt ein psychologisches Nebenprodukt: chronische Unsicherheit.
Medienberichte verstärken diese Unsicherheit erheblich – mit messbaren Folgen für die mentale Gesundheit.

Was die Studie zeigt

  • Negative Inhalte werden besonders stark wahrgenommen.
    Menschen schenken negativen Nachrichten mehr Aufmerksamkeit als positiven oder neutralen Meldungen und reagieren auf diese sowohl emotional als auch körperlich deutlich intensiver. Dieser verschobene Fokus sorgt dafür, dass wir uns länger mit solchen Inhalten beschäftigen, sie schneller teilen und dadurch ihre Verbreitung weiter verstärken.

  • Ungewissheit erzeugt psychologischen Stress:
    Exzessive Mediennutzung – vor allem in sozialen Medien – steht in Verbindung mit erhöhten Symptomen von Angst, Depression, Stress und posttraumatischen Belastungen. Diese Reaktionen treten selbst dann auf, wenn Bedrohung nur indirekt über Medien vermittelt wird, z. B. durch Nachrichtenbilder oder Live-Ticker.

  • Die Doomscrolling-Falle:
    Versuche, Unsicherheit durch mehr Informationssuche zu reduzieren, führen paradoxerweise zu mehr Stress und Ängstlichkeit. Übermäßiger Nachrichtenkonsum verstärkt Sorgen, die wiederum zu noch mehr Mediennutzung führen.

  • Kognitive Verhärtung als Abwehr:
    Wer Unsicherheit schlecht erträgt, neigt zu starren Denkweisen und rigiden Überzeugungen. Das erschwert ideologischen Dialog und macht anfälliger für Verschwörungsglauben. Diese „Tight Beliefs“ sollen Kontrolle schaffen, verschärfen aber langfristig Angst und Misstrauen.

  • Individuelle Unterschiede spielen eine Rolle:
    Personen mit hoher Intoleranz gegenüber Unsicherheit (IU), jüngere Altersgruppen, Frauen und sozioökonomisch Benachteiligte sind oft stärker betroffen.

Relevanz und Gegenmaßnahmen

Mediale Unsicherheit betrifft nicht nur psychisch Erkrankte. Auch gesunde Menschen entwickeln in Dauerkrisen „vicarious stress“, d.h. Stress durch das indirektes Miterleben fremder Katastrophen.
Kesner betont daher, dass Medienkompetenz, emotionale Regulation und Resilienztraining integraler Bestandteil öffentlicher Gesundheitsstrategien werden sollten. Ein gesunder Umgang mit Medien bedeutet in dem Zusammenhang übrigens keine komplette Nachrichtenabstinenz, sondern „informed avoidance“, d.h. ein bewusst begrenzten Medienkonsum.

Oder, und das ist mein persönlicher Randgedanke: vielleicht einmal gezielt positive Nachrichten lesen. Ich finde ein wenig selektive Informationssuche zugunsten der eigenen psychischen Gesundheit vertretbar. In einer überwiegend negativ und von Katastrophen geprägten Medienlandschaft, ist die Gefahr dabei in einer Filterbubble zu versinken denkbar gering.

An der Stelle ein Lesetipp: Good News. Dort findet man z.B. die optimistisch stimmenden Meldungen, die ich in der Einleitung erwähnt habe. Das Redaktionsteam von Good News betreibt einen bewundernswerten Arbeitsaufwand, um ein wenig mehr Optimismus in die Welt zu tragen. Dazu durchsuchen und prüfen sie als Quellen mehr als 100 Medien und Nachrichten.
Das ist im übrigen kein sponsored Add, da sich Good News selbst rein über Spenden finanziert.


Quellen

Kesner, L., Juríčková, V., Grygarová, D., & Horáček, J. (2025). Impact of Media-Induced Uncertainty on Mental Health: Narrative-Based Perspective. JMIR Mental Health12, e68640.

https://goodnews.eu/uebermalen-von-hakenkreuzen-keine-straftat-pazifikstaaten-gruenden-klimafonds-tag-des-offenen-denkmals-zieht-millionen-an

https://goodnews.eu/wiedervereinigung-6-projekte-die-ost-und-west-verbinden


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